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RAW-Entwicklung in der Porträtfotografie

In diesem Beitrag beschreibe ich anhand eines Fotos meinen Workflow in der Peoplefotografie von der Aufnahme über die RAW-Entwicklung bis hin zur Bildbearbeitung und gebe euch damit einen umfassenden Einblick in meine fotografische Arbeit.

Kamera und Objektiv

Fotografiert habe ich mit der NIKON D800 und dem NIKON-Objektiv 24-70 / f 2.8. Die verwendete Brennweite von 35 mm und einer Blende von 7,1 gewährleisten eine durchgängige (Tiefen)Schärfe. 

Ausleuchtung und Lichtformer

Das Foto habe ich in meinem Studio SPIEGELSCHLAG mit Blitzlicht erstellt. Zur Ausleuchtung nutzte ich einen HENSEL-Blitzkopf Expert D500 mit einem 1,80 m großen Striplight (Innen- und Außendiffusor). Der große Lichtformer ermöglichte eine homogene Ausleuchtung über den gesamten Körper. 

Für eine schöne glänzende Haut haben wir auf den Körper des Models dezent eine Hautlotion aufgebracht. Glanzstellen lassen sich in Photoshop zwar auch nachträglich mittels Dodge & Burn einzeichnen, es wirkt jedoch natürlicher und strahlender, wenn diese bereits schon im Original als Reflektion vorhanden sind und dann bei der Bildbearbeitung noch etwas betont werden.

Gerade bei der sinnlichen Fotografie (viel Haut!) ist es mir wichtig, einen gut definierten Körper durch die Lichtsetzung zu betonen. Deshalb habe ich mich nicht für eine frontale, sondern eine seitliche Ausleuchtung des Models entschieden.

Damit ich trotz des weichen (diffusen) Licht noch etwas ausgeprägtere Kontraste ins Bild bekomme, setzte ich in das Striplight eine Wabe ein. Das nun gerichtete Licht erzeugt gut definierte Schattenverläufe, was gut auf dem RAW-Foto zu sehen ist.

Für mich gehört zu einem guten Foto eben nicht nur LICHT, sondern auch SCHATTEN! Und da ich das Foto sowieso in s/w umwandeln wollte, waren mir Kontraste im Bild eben sehr wichtig. Ein s/w-Foto lebt ja lediglich von den Grauabstufungen.

Thomas Temmer I Spiegelschlag
RAW-Foto, unbearbeitet

 

Bildbearbeitung in Camera-RAW und Photoshop

Wenn hohe Qualität gefordert ist, dann fotografiere ich immer im RAW-Format.

Etwa 80 % meiner Bildbearbeitung erfolgt direkt im RAW-Konverter in 16 Bit Auflösung. Das ermöglicht die Arbeit auf einem hohen Qualitätsniveau, auch wenn mal drastischere Bearbeitungen erforderlich werden. Um das aber möglichst zu vermeiden sollte man bereits bei der Fotografie (handwerklich) sauber arbeiten/belichten. Hierzu ist es hilfreich, direkt in den Computer zu fotografieren. Ein kalibirieter Monitor ist Grundvoraussetzung für eine objektive Beurteilung des Bildmaterials! Ich mache das derzeit mit Lightroom.

Ich hatte mich schon im Vorfeld für den engen (anonymen) Bildschnitt entschieden und das dann auch bereits so fotografiert. Im Zweifelsfall sollte man den Ausschnitt aber etwas großzügiger wählen und nachträglich beschneiden, wenn die Bildauflösung bzw. der spätere Verwendungs-zweck des Bildes es gestatten.

 

Hier die Einstellungen im RAW-Konverter:

Thomas Temmer I Spiegelschlag
RAW-Konverter

 

Grundentwicklung

Zunächst erfolgte die Grundentwicklung in dem Dialog „Grundeinstellungen“.

Für eine „korrekte“ Einstellung der Belichtung helfen die Werkzeuge „Über-/Unterbelichtungsanzeigen“ und das Histogramm. Lasst euch trotz dieser Hilfen aber immer noch genug Kreativität, um mit Augenmaß auch ganz bewusst mal in eine Über- oder Unterbelichtung zu gehen. Entwickelt ein eigenes Gespür/Gefühl und damit auch eine eigene Handschrift, sonst werden eure Bild beliebig austauschbar.

Bei einem sauber belichteten Foto sollte in der Regel keine Anpassung der Grundhelligkeit (Belichtungsregler) nötig sein.

Mit dem Lichter- und Tiefenregler bekommt man sehr gut „Belichtungsfehler“ in den Griff und oft Zeichnung in diese Bereiche „zurück“.  Hier spielt das RAW-Format sein Potential voll aus.

Mit dem Weiß- und Schwarzregler kann ggf. eine Tonwertspreizung vorgenommen werden, um somit in flaue Fotos wieder Kontraste zu bekommen. Gerade diese sind ja in unserem s/w-Foto sehr wichtig. Das habe ich hier insbesondere durch die Anhebung des Weißreglers getan.

Mit dem Klarheitregler sollte man in der Porträtfotografie sehr vorsichtig hantieren. Ein positiver Wert wirkt sich sehr stark auf die Detailkontraste aus und lässt Haut sehr schnell unschön/porig aussehen.

In diesem Foto habe ich mit einem Negativwert die Haut etwas weicher gezeichnet. Falls zu viele andere Strukturen darunter leiden, kann man dies auch mit dem Korrekturpinsel im RAW-Konverter partitiell auf die Haut auftragen!

Mit diesem Pinsel sollte man sowieso unbedingt im RAW-Konverter arbeiten. Damit lassen sich auch viele andere Veränderungen partiell im Foto auftragen.

s/w-Umwandlung

Meine s-w-Umwandlung erfolgt (zumindest derzeit) komplett im Graustufen-Dialog des RAW-Konverters („in Graustufen konvertieren“). Spezielle Software oder Plug-ins zur Umwandlung nutze ich nicht mehr. Ich halte auch nicht viel von Aktionen. Zum einen ist kein Foto/keine Lichtsituation mit dem/der anderen vergleichbar, Feintuning ist also immer notwendig, und zum anderen entwickelt man nur dann ein Gefühl für Farben/Graustufen/Kontraste, wenn man die Entwicklung manuell vornimmt.

Auch wenn es sich um ein s/w-Foto handelt werden die Grautöne mit den Farbreglern im HSL/Graustufen-Dialog vorgenommen. Welche Regler die jeweils wichtigen Veränderungen im Bild bewirken  hängt vom eingestellten Weißabgleich (Farbtemperatur und Farbton im Grundeinstellungen-Dialog) ab. In der Regel sind aber die Rot- und Orangetöne die für den Hautton wichtigen Regler.

Wichtig: Nach erfolgter Entwicklung im RAW-Konverter öffne ich das Foto immer als SmartObject, um jederzeit mit einem Doppelklick die Originaleinstellungen wieder verfügbar zu haben!

Mein Workflow beinhaltet aber noch weitere Bearbeitungsebenen:

Thomas Temmer I Spiegelschlag
Ebenen in PS

Bei diesem Foto sind dies eine leichte Kontraststeigerung mittels Gradationskurve (klassische S-Kurve; Ebenenmodi auf Luminanz) und Kontrastebene sowie eine sehr dezente Farbtonung mittels „selektiver Farbkorrektur“. 

Auf der „Makel“-Ebene habe ich mit dem Reparaturpinsel noch ein paar „grobe“ Hautunreinheiten abgestempelt. Auf dieser Ebene erfolgt ausschließlich die Beseitigung von strukturellen Problemen. Ich habe dies auf einern leeren Ebene erledigt. Damit dies funktioniert muss aber „Akt. u. darunter“ ausgewählt sein!

Der wichtigste Teil der Bildbearbeitung (außerhalb des RAW-Konverters) ist für mich die Bearbeitung der Luminanz mit der Technik „Dodge & Burn“. In diesem Foto habe ich das auf zwei 50%-Grauebenen (Ebenenmodi weiches Licht) mit den Werkzeugen „Abwedler“ und „Nachbelichter“ gemacht. So habe ich die im Bild vorhandenen Kontraste noch weiter herausgearbeitet. Zusätzlich habe ich aber auch Luminanzangleichungen (Flecken auf der Haut) vorgenommen. Bei Dodge & Burn geht es also immer nur um die Bearbeitung der Luminanz (subjektive Helligkeit).

Dodge & Burn ist eine mächtige Technik und lässt sich auf verschiedene Art und Weise umsetzen. Details würden aber diesen Beitrag sprengen.

Hier gelangt ihr zu einem sehr guten und detaillierten Beitrag zu diesem Thema: https://www.rawexchange.de/strategie-fuer-jedes-problem-photoshop/

Letztendlich zieht sich aber ein Umstand durch den gesamten Workflow der Bildbearbeitung: Es reicht nicht nur aus, die Technik zu kennen, man benötigt auch das entsprechende Fingerspitzengefühl. Denn mit dieser Technik kann man auch sehr viel Verschlimmbessern!

Mehr ist es nicht. Je länger ich mich mit der Bildbearbeitung befasse, umso mehr komme ich zum Ergebnis, dass es ausreicht mit den Bordmitteln von Photoshop zu arbeiten, wenn man diese wirklich im Griff hat. Zu viel Techniken oder Zusatzsoftware lenkt mich nur vom Wesentlichen ab.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Euch mit diesem Beitrag einige nützliche Tipps und Anregungen geben konnte. Falls ja, dann freue ich mich über ein Like oder aber einen Kommentar. Konstruktive Kritik ist natürlich auch immer willkommen. Vielen Dank!

2 Kommentare

  1. Hallo, ich finde diese Erklärungen einfach klasse und sehr lehrhaft.
    Meine Frage zu dem Thema, welches Programm wird dazu benutzt, ich habe lediglich Lightroom und Capture von Nikon.
    Bin ihnen dankbar für eine Empfelung in Richtung Photo Shop Programme.
    Vielen Dank im Voraus
    Mit freundlichen Grüssen
    R. Chacon

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