Kürzlich bat mich ein guter Freund ihm zu erklären, wie ich dieses Foto in Photoshop bearbeitet habe. Als ich das dann sehr ausführlich getan hatte, fragte er mich, ob es nicht eine Software gäbe, die solche Bildbearbeitung (u.a. Dodge & Burn) auf Knopfdruck erledigt. Dies Frage hat mich dazu bewegt, über dieses Thema generell nachzudenken und diesen Beitrag zu schreiben.
Auch wenn es immer mehr Software, Aktionen und Presets (z.B. für Lightroom) gibt, die Teile der Bildbearbeitung automatisieren, ist für die hochwertige Bearbeitung/Retusche in der Peoplefotografie Knowhow und Erfahrung erforderlich. Und das bedeutet Handarbeit!
Wer sich dabei mit Halbwissen begnügt, der produziert Ergebnisse, die vom Zufall abhängig und auch nicht reproduzierbar sind.
Ich sehe die oben genannte Produkte nicht generell negativ, ermöglichen sie z.B. eine größere Anzahl an Fotos komfortabel und schnell an verschiedene Bildlooks anzugleichen.
Aber eine RAW-Datei lässt sich nicht wie ein Fertiggericht in die Mikrowelle schieben und auf Knopfdruck kommt ein Sterne-Essen heraus. So richtig geil wird das nicht schmecken und vor allen Dingen lernt man dabei nicht kochen. Es bleibt ja unbekannt welche Zutaten für welches Gericht benötigt werden bzw. miteinander harmonisch kombinierbar sind.
Selbst wenn es ganz ok schmeckt, dann möchte ich doch nicht von meinen Gästen für etwas gelobt werden, was ich nicht selbst gekocht habe. So ist es auch mit meinen Fotos. Ich möchte schon, dass das Ergebnis zu 100 Prozent auf meine Kappe geht.
Das gilt nicht nur für Lob, sondern auch für (konstruktive) Kritik. Mein Essen muss ja auch nicht jedem schmecken. Wenn man nämlich nur nach dem Geschmack anderer kocht, dann geht die eigene Arbeit in der Masse der Gerichte unter!
Für mich ist die Bildbearbeitung/-retusche sowieso ein (sehr wichtiger) Teil bei meiner kreativen Arbeit, den ich nicht aus der Hand geben möchte. Gerade auch weil er ein wesentlicher Bestandteil des Stils/der Handschrift eines Fotografen/Bildbearbeiters ist. Und ich finde es als ein sehr schönes Kompliment, wenn jemand zu einem meiner Fotos sagt/schreibt: „Unverkennbar ein Temmer!“.
Wer immer nur mit fertigen Presets/Aktionen arbeitet, der wird nie wirklich lernen, mit den verfügbaren Möglichkeiten (z.B. im RAW-Konverter) kreativ zu arbeiten. Bildlooks selbst kreieren und nicht vorgeben lassen! Das gehört zum kreativen Prozess. Natürlich kann man sich dabei von anderen Bildbearbeitern inspirieren lassen.
Auch wenn es viele Stunden braucht, um sich zumindest mit den Basics der Bildbearbeitung vertraut zu machen ist es rückblickend ein schönes Gefühl zu sehen, wie man sich über die Jahre entwickelt. Deshalb bearbeite ich hin und wieder alte Foto neu, um dann einen ganz konkreten Vergleich zu haben – sehr spannend!
Im Laufe der Jahre durchläuft man verschiedene Entwicklungsstufen. Mit einem Schmunzeln erinnere ich mich an die teilgetonten Fotos (rote Rose/Lippen in einem schwarz-weiß-Foto) oder aber die „weichgematschten“ Porträtfotos.
Ausprobieren und Fehler machen, so geht Entwicklung. Abkürzungen gibt es dabei nicht – weder in der Bildbearbeitung noch in der Fotografie. Aber es hängt natürlich von eurem Anspruch ab. Ich unterstelle jedem aber einen gesunden Ehrgeiz und die Absicht immer besser zu werden.
Aber je länger ich Fotos bearbeite umso mehr komme ich zur Erkenntnis, dass man schon mit den Basics sehr sehr weit kommt. Hier findet ihr einen Beitrag, in dem ich recht ausführlich erkläre, wie ich ein Foto fast ausschließlich mit den Basics (insbesondere RAW-Konverter) bearbeitet habe:
In meinen Workshops stelle ich immer wieder fest, dass manche Bildbearbeiter vor lauter Bäume den Wald nicht mehr sehen. Also viele Techniken (grob) kennen, aber nicht wirklich vernünftig anwenden können. Weniger ist hier oft mehr! Übrigens auch in der Fotografie!
Auch nach vielen Jahren der Bildbearbeitung halte ich es für sehr wichtig, immer wieder über den Tellerrand hinaus zu schauen und sich in einem Kochkurs (Workshop) oder Kochbuch (Lernvideo) neu inspirieren zu lassen bzw. seine Fähigkeiten und sein Wissen zu erweitern. Letztlich muss man aber dieses Wissen auch in die Praxis umsetzen, also üben, üben, üben!
Übung macht eben den Meister. Der Spruch ist zwar schon etwas in die Tage gekommen, hat aber immer noch seine Gültigkeit.
Ich hoffe, dass ich euch mit diesen Gedanken ein paar Denkanstöße und Motivation für die Bildbearbeitung geben konnte. Wenn ja, dann freue ich mich über eine Rückmeldung oder ein Like. Gerne natürlich auch über konstruktive Kritik.