Schärfe ist in der Fotografie ein wichtiger Faktor. Und es ist gar nicht immer einfach, perfekt scharfe Fotos hinzubekommen. Gerade wenn man Bewegung einfangen oder mit offener Blende (geringer Tiefenschärfe) ein Bild gestalten möchte. Da können oft schon kleinste Nachlässigkeiten bei der Kameraeinstellung und/oder -handhabung zur kompletten Unschärfe führen.
Ich habe viele Jahre in der Fotografie immer nach Perfektion gesucht. Perfekte Belichtung, perfekte Pose und eben perfekte Schärfe! Heute sage ich: „Perfektion ist oft steril“.
Perfektion ist oft steril und emotionslos.
Thomas Temmer
Ist aber Schärfe in der Peoplefotografie immer das wichtigste Element? Gibt es nicht andere Faktoren, die über ein ansprechendes Foto entscheiden?
Ich habe in den letzten Jahren öfters Fotos nicht beachtet oder sogar gelöscht, nur weil diese nicht perfekt scharf waren. Ganz nach dem Motto: Ein professioneller Fotograf macht zu 100% scharfe Fotos! Aber wenn man mit dem Herzen hinschaut und auch die Unschärfe als kreatives Gestaltungsmittel akzeptiert stellt man fest, dass gerade technisch unperfekte Fotos am meisten Seele haben.
Für mein heutiges fotografisches Verständnis steht bedingungslose Schärfe manchmal zu sehr im „Fokus“ und beschneidet uns, wie auch viele andere Gestaltungsregeln, in der Kreativität und somit oft bei der Erstellung emotionaler und authentischer Fotos. Und gerade Emotionen wollen wir doch einfangen, wenn wir Porträtfotos auf den Speicherchip bannen.
Fotos mit Seele
So gibt uns (partielle) Unschärfe einen lebendigen Eindruck über die Bewegung in der jeweiligen Situation (Bewegungsunschärfe), gibt dem Foto eine Tiefenwirkung oder aber lässt dem Fotografen die Möglichkeit Bildteile zu verbergen, um das Kopfkino des Betrachters anzuregen. Und das ist umheimlich spannend, insbesondere bei sinnlichen Fotos.
Regeln scheren sich einen Dreck um unsere Kreativität.
Freeman Patterson
Ich spreche also von bewusst gesetzter Unschärfe. Nicht von Unschärfe, die mangels technischem Verstand zufällig und völlig unkontrolliert entstanden ist. Letztlich brauch man als Fotograf aber auch etwas Mut, „weiche Pixel“ bewusst zu produzieren. Ist ja genau das Gegenteil von dem, was man sich jahrelang antrainiert hat. Und ausbrechen aus dem Gewohnten ist nie so ganz einfach. Trotzdem sollte man Unschärfe unbedingt als kreatives Stilmittel zulassen und immer wieder mit ihr experimentieren.
fazit
Viel zu selten spielen wir mit Unschärfe. Der Zugewinn an Schärfe macht ein Foto nicht automatisch besser. Ich kenne und liebe viele Fotos, die gerade nicht irgendwelchen fotografischen Regeln entsprechen und deshalb mehr Kraft besitzen, als tausend andere perfekt gestaltete Porträts.
Hier findest du ein Beitrag, der sich auch mit Schärfe/Unschärfe beschäftigt: https://www.spiegelschlag.eu/schaerfe-um-jeden-preis/
anmerkung
In meine Beiträge investiere ich sehr viel Herzblut, um euch einen unzensierten und vor allen Dingen interessanten Einblick in meine langjährigen Erfahrungen in der Peoplefotografie zu geben. Ich hoffe sehr, dass mir das auch gelingt.
Eure Rückmeldung ist deshalb für mich sehr wichtig. Wenn euch der Beitrag gefällt, freue ich mich über ein Like oder einen (ehrlichen) Kommentar. Sicher kennt ihr weitere Fotografen, für die der Beitrag interessant wäre – einfach weiterleiten. Herzlichen Dank!
Be creative!